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Antarktis 08.12.2004

"Männer gesucht für gefährliche Reise. Geringes Gehalt, bittere Kälte, lange Stunden totaler Finsternis, ständige Gefahr, sichere Rückkehr zweifelhaft. Ruhm und Anerkennung im Erfolgsfall."

Mit dieser Annonce in der Londoner Times suchte Ernest Shackleton im Jahre 1913 Teilnehmer für seine legendäre Antarktisexpedition auf der "Endurance". Dass wir uns damals darauf gemeldet hätten, ist eher unwahrscheinlich. Wir warteten lieber 90 Jahre und wählten eine etwas komfortablere Weise, um die gefürchtete Drake-Passage zwischen Feuerland und der antarktischen Halbinsel zu überqueren. Am 29. November gingen wir in Ushuaia an Bord der MS Explorer, auch "The Little Red Ship" genannt, einem der erfahrensten Passagierschiffe in den südlichen Meeren, die 1969 von Shackletons Enkel gezielt für den Einsatz in der Antarktis gebaut wurde.

Bewaffnet mit reichlich Medizin gegen die Reisekrankheit wagten wir uns so auf die 2-tägige Überquerung der Drake-Passage, die als eine der unruhigsten Ecken der Weltmeere verschrien ist. Wellenberge bis zu 15 Meter Höhe sind hier keine Besonderheit. Sir Francis, der Namensgeber, war uns allerdings gnädig und liess uns "nur" 4 Meter auf- und abschaukeln. Uns stinkigen Landratten hat das aber auch schon mehr als gereicht. Immer wenn der Schiffsarzt seinen Kopf zu unserer Kabinentür hereinstreckte, waren wir wieder zuversichtlich, dass wir es überleben würden. Als sich unsere Mägen wieder beruhigt hatten, liessen wir uns mit feinstem Essen aus der deutschen Bordküche verwöhnen. Zum Frühstück gab es Nutella-Croissants, während vor dem Fenster blaue Eisberge vorbeitrieben.

Was uns in der Antarktis als Entlohnung für die Strapazen der Überquerung erwartete, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Das Erlebnis, in einer der letzten unerschlossenen Ecken unseres Planeten zu sein, ist einfach unbeschreiblich. Das Licht, das Eis, die frostige Luft, die Pinguine - alles das muss man selbst erlebt haben. Auch unsere Bilder können das Antarktis-Feeling nicht widerspiegeln.

Jeden Tag standen zwei Landgänge auf dem Programm. In den vielen Pinguinkolonien waren tausende Adelie-, Gentoo-, Chinstrap- und Maccaroni-Pingus fleissig am brüten. Über ihnen kreisten die Raubvögel, in der Hoffnung auf ein leckeres Omelette. Am Strand faulenzten Robben und Seeelefanten vor ihrem nächsten Tauchgang. An einem Nachmittag parkte der Kapitän das "Little Red Ship" mit dem Bug im Packeis und wir wurden auf einen Spaziergang auf dem Eis eingeladen.

Am dritten Morgen um 5:00 wurden wir von unserem Expeditionsleiter mit einem aufgeregten Weckruf aus den Kojen getrieben. Die ganze Nacht lang hatten unser Kapitän und seine Crew die Explorer durch das Packeis der Weddell-See manövriert, so tief wie noch nie zuvor ein Passagierschiff hier vorgedrungen war. Es war ein fantastischer Morgen, klare Sicht, und wir waren umgeben von riesigen blauen Tafeleisbergen. In Windeseile wurden die Zodiacs klargemacht und wir begaben uns auf eine unvergessliche Rundfahrt inmitten des Packeises. Hier hatten wir eine der seltensten Begegnungen in der Antarktis: wir trafen auf eine Gruppe von 32 Kaiserpinguinen. Diese Tiere leben tief im ewigen Eis und weniger als 10.000 Menschen haben sie je in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. Selbst der Capt'n, ein erfahrener Antarktis-Haudegen, schlüpfte in seine Schneehose und hüpfte ins Zodiac, um dieses Spektakel mitzuerleben.

Auch ohne Ruhm und Anerkennung war diese Antarktisreise für uns Freunde der kleinen Frackträger ein ganz besonderes Erlebnis.

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